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Erbfolge ohne Kinder: Das gibt es zu beachten

In Deutschland spielt das Thema Erbfolge ohne Kinder eine zunehmend wichtige Rolle, da immer mehr Menschen kinderlos bleiben. Ohne eigene Nachkommen stellt sich die Frage, wie das eigene Vermögen nach dem Tod verteilt wird.

Die gesetzliche Erbfolge sieht in solchen Fällen vor, dass in erster Linie der Ehepartner und nahe Verwandte wie die Eltern oder, falls diese bereits verstorben sind, die Geschwister erben.  Doch diese automatische Verteilung entspricht nicht immer den Wünschen des Verstorbenen. Daher ist es ratsam, frühzeitig über ein Testament oder einen Erbvertrag nachzudenken, um die Erbfolge individuell zu regeln und Missverständnisse zu vermeiden.

Darüber hinaus gibt es steuerliche Aspekte, die berücksichtigt werden sollten, insbesondere nach der Erbschaftssteuerreform 2024, die zu einer höheren Steuerlast führen kann. Ein klarer Plan ist daher unerlässlich, um sicherzustellen, dass der eigene Nachlass nach den persönlichen Vorstellungen verteilt wird und Erben nicht unnötig belastet werden.

Überblick

Erbrechtliche Grundlagen im Überblick

Die Erbfolge ohne Kinder wirft wichtige rechtliche Fragen auf, die einer sorgfältigen Betrachtung bedürfen. In Deutschland regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) die gesetzliche Erbfolge, wenn kein Testament oder Erbvertrag vorliegt. Es gibt also eine klare gesetzliche Erbfolge ohne Kinder, die sonst Erben erster Ordnung wären.

Die gesetzliche Erbfolge

Das gesetzliche Erbrecht sieht vor, dass der überlebende Ehepartner oder die eingetragene Lebenspartnerin erbberechtigt ist (gesetzlicher Güterstand). Bei kinderlosen Ehepaaren erbt der überlebende Partner in der Regel drei Viertel des Nachlasses – 50% gesetzlicher Erbanspruch + zusätzlich 25% als sog. Zugewinnausgleich. Das verbleibende Viertel geht, falls vorhanden, an die Eltern des Verstorbenen oder, falls diese verstorben sind, an die Geschwister bzw. deren Kinder. Das sind die sogenannten Erben zweiter Ordnung. Diese Regelung stellt sicher, dass enge Verwandte und der Partner berücksichtigt werden, auch wenn keine direkten Nachkommen vorhanden sind.

Man sieht eine Hand, die einen hochwertigen Stift hält.

Ein kleiner Geheimtipp: Je nach Struktur und Umfang Ihrer Vermögenswerte, kann eine Erbfolge ohne Kinder mit einer Familiengesellschaft bzw. Familien GbR besonders schlank geregelt werden und steuerlich sinnvoll sein. Die unterschiedlichen Steuersätze je nach Verwandtschaftsgrad haben wir übrigens hier aufgelistet.

Die Stellung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern

Die Stellung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern ist besonders stark ausgeprägt. Das gesetzliche Erbrecht gewährt kinderlosen Verheirateten einen erheblichen Anteil am Erbe, insbesondere wenn keine weiteren Erbberechtigten 2. Ordnung (Eltern, Geschwister, Nichten & Neffen) vorhanden sind – in diesem Fall hat der Partner Anspruch auf 100% des Erbes.
Diese Regelung ermöglicht eine gewisse finanzielle Sicherheit für den überlebenden Partner. Wichtig zu wissen: Lebenspartner, die weder verheiratet noch offiziell eingetragen sind, haben keinen gesetzlichen Erbanspruch.

In diesem Kontext möchten wir auch nochmal an die Formulierung einer Vorsorgevollmacht erinnern, um eine bevollmächtigte Person zu bestimmen, die den eigenen Willen im Notfall vertreten kann.

Die Erbfolge der weiteren Verwandten

Die Erbfolge der weiteren Verwandten kommt ins Spiel, wenn keine Kinder und kein Ehepartner vorhanden sind. In diesen Fällen erben die Mutter und der Vater des Erblassers jeweils 50% des Nachlasses. Falls ein Elternteil nicht mehr lebt, teilen sich die Geschwister (sofern vorhanden) dessen Erbanteil. Nach den Geschwistern sind deren Kinder, also die Nichten & Neffen des Erblassers, als nächste gesetzliche Erben festgelegt.

Beispiel für eine Erbfolge ohne Kinder

Hintergrund: Frau Mustermann (Frau M.) ist verstorben und hat kein Testament verfasst. Sie vererbt 1 Million Euro. Mit ihrem langjährigen Lebenspartner ist sie seit 5 Jahren verlobt – zur Hochzeit kam es nicht mehr. Ihr Vater und ihre Schwester (2 Kinder) sind bereits verstorben. Ihr Bruder und ihre Mutter leben noch. 

Das Erbe wird wie folgt aufgeteilt:

❌ Frau M’s Lebenspartner erbt nichts.
💰 Die Mutter von Frau M. erbt 50% -> 500.000€
👉 Der Bruder von Frau M. teilt sich die übrigen 50% mit den 2 Kindern von Frau M‘s Schwester:
– Der Bruder erbt 25% -> 250.000€
– Frau M’s Nichte erbt 12,5% -> 125.000€
– Frau M’s Neffe erbt 12,5% -> 125.000€

Ohne nähere Verwandte kann der Staat als letzter Erbe auftreten. Diese Regelungen unterstreichen die Bedeutung eines Testaments, um sicherzustellen, dass der Nachlass den eigenen Wünschen entsprechend verteilt wird.

Testament und Erbvertrag: Die eigenen Wünsche festhalten

Ein Testament ist ein zentrales Instrument, um sicherzustellen, dass der eigene Nachlass gemäß den persönlichen Wünschen verteilt wird. Gerade kinderlosen Ehepaaren ermöglicht es, über die gesetzliche Erbfolge hinaus Einfluss zu nehmen und bestimmte Personen oder Organisationen zu begünstigen.

Ohne Testament tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft, was möglicherweise nicht den Vorstellungen des Erblassers entspricht. Durch ein Testament kann beispielsweise der überlebende Ehepartner vollständig abgesichert oder ein Teil des Vermögens an Freunde oder wohltätige Organisationen weitergegeben werden.

Inhalt und Form eines Testaments

Ein Testament muss bestimmten formalen Anforderungen genügen, um rechtsgültig zu sein. Es kann eigenhändig geschrieben und unterschrieben oder notariell beurkundet werden. Wichtig ist, dass es klar und eindeutig formuliert ist, um Missverständnisse oder mögliche Anfechtungen zu vermeiden. In einem Testament können auch Vermächtnisse festgelegt werden, durch die bestimmte Gegenstände oder Geldbeträge an bestimmte Personen oder Institutionen gehen.

Erbvertrag als Alternative

Neben dem Testament stellt der Erbvertrag eine weitere Möglichkeit dar, die Erbfolge festzulegen. Ein Erbvertrag ist besonders in komplexen Familien- und Vermögensverhältnissen nützlich, da er eine vertragliche Bindung zwischen den Parteien schafft.

Es kann beispielsweise sinnvoll sein, wenn mehrere Erben gemeinsam über den Nachlass verfügen sollen oder wenn bestimmte Erben bestimmte Verpflichtungen übernehmen müssen. Ein Erbvertrag erfordert jedoch die notarielle Beurkundung und bindet die Parteien meist langfristig an die getroffenen Vereinbarungen.

Vor- und Nachteile eines Testaments oder Erbvertrags

Beide Optionen haben ihre Vor- und Nachteile. Testamente bieten Flexibilität und können jederzeit geändert werden, während ein Erbvertrag durch seine Verbindlichkeit und Planungssicherheit besticht. Die Wahl des passenden Instruments hängt von den individuellen Lebensumständen und den persönlichen Zielen ab. Eine sorgfältige Abwägung ist wichtig, um die beste Lösung für die eigene Nachlassplanung zu finden.

Besonderheiten bei der Erbschaft ohne Kinder

Die Erbschaft ohne Kinder bringt einige Besonderheiten mit sich, die sorgfältig berücksichtigt werden sollten. Eine zentrale Herausforderung ist die Erbengemeinschaft, die entsteht, wenn mehrere Verwandte erben.

Ohne klare Regelungen können hierbei leicht Konflikte entstehen, etwa wenn es um die Verwaltung und Aufteilung des geerbten Vermögens geht. In solchen Fällen sollten Erblasser frühzeitig offene Gespräche mit den Erbenden führen. Zusätzlich ist es sehr hilfreich, im Testament detaillierte Vorgaben zur Nutzung und Verteilung des Nachlasses zu machen, um Streitigkeiten vorzubeugen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Pflichtteilsanspruch. Auch wenn keine Kinder vorhanden sind, haben der Ehepartner und die Eltern des Erblassers Anspruch auf einen Pflichtteil (50% des gesetzlichen Erbanspruches), selbst wenn sie im Testament nicht bedacht oder sogar schriftlich ausgeschlossen wurden. Dies kann insbesondere dann zu Problemen führen, wenn der Pflichtteil nicht ausreichend berücksichtigt wurde. Gut zu wissen: Geschwister haben keine Pflichtteilsansprüche.

Wie hoch ist der gesetzliche Pflichtteil?

Rechenbeispiel nach §§ 1924 bis 1936 BGB

Ausgangssituation:
Herr Mustermann ist verheiratet, hat eine Schwester und seine Eltern leben nicht mehr.
Er möchte 1 Mio € vererben.

Berechnung der Pflichtteile:
➡️ Die Ehefrau von Herrn Mustermann hat einen Pflichtteilsanspruch von 50% ihres gesetzlichen Erbteils
– Gesetzlicher Erbteil des Ehepartners (1/2 des Nachlasses) -> 1 Mio € / 2 = 500.000€
– Pflichtteil (1/2 des gesetzlichen Erbteils) -> 500.000€ / 2 = 250.000€

➡️ Die Schwester von Herrn Mustermann hat keinen Pflichtteilsanspruch

Ergebnis:
Selbst wenn Herr Mustermann seine Ehefrau im Testament schriftlich enterbt hätte, könnte sie ihren Pflichtteil von 250.000€ einfordern.

Schließlich sind mögliche Konflikte innerhalb der Familie zu beachten. Gerade in Erbengemeinschaften ohne direkte Nachkommen können unterschiedliche Interessen und Erwartungen aufeinandertreffen. Eine klare und vorausschauende testamentarische Regelung kann helfen, solche Konflikte zu vermeiden und sicherzustellen, dass der Nachlass im Sinne des Erblassers verteilt wird.

Was passiert, wenn kein Testament vorhanden ist?

Wenn kein Testament vorhanden ist, greift automatisch die gesetzliche Erbfolge. In Deutschland regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), wer in einem solchen Fall erbberechtigt ist. Zunächst erbt der Ehepartner, gefolgt von nahen Verwandten wie Eltern, Geschwistern oder deren Nachkommen. Wenn keine erbberechtigten Verwandten vorhanden sind, kann letztlich der Staat als Erbe auftreten.

Die gesetzliche Erbfolge spiegelt jedoch nicht immer den Willen des Verstorbenen wider und kann zu unerwünschten Ergebnissen führen. Ohne ein Testament besteht zudem das Risiko, dass das Vermögen nicht in der gewünschten Weise verteilt wird oder es zu Streitigkeiten unter den Erben kommt. Daher ist es ratsam, durch ein Testament oder einen Erbvertrag die Nachlassregelung aktiv selbst in die Hand zu nehmen.

Besondere Situationen und Tipps für den Erbfall

In besonderen Situationen, wie beispielsweise in Patchworkfamilien oder bei kinderlosen Paaren, können sich komplexe Erbschaftsfragen ergeben. In Patchworkfamilien kann es sinnvoll sein, klare Regelungen im Testament zu treffen, um sicherzustellen, dass alle beteiligten Personen fair bedacht werden. Ohne eine solche Regelung kann es zu unerwünschten Ergebnissen kommen, da die gesetzliche Erbfolge nicht immer den individuellen Familienstrukturen gerecht wird.

Für kinderlose Paare besteht zudem die Möglichkeit, das Erbe an Freunde oder gemeinnützige Organisationen zu vermachen.
Dies kann durch ein Testament oder einen Erbvertrag festgelegt werden und bietet eine sinnvolle Alternative, wenn keine nahen Verwandten vorhanden sind oder diese nicht bedacht werden sollen. Eine professionelle Beratung durch einen Notar kann in solchen Fällen helfen, rechtliche und steuerliche Fallstricke zu vermeiden und den Nachlass optimal zu gestalten.

Fazit

Eine gute Planung ist für kinderlose Erbschaften besonders wichtig

Die Erbfolge ohne Kinder erfordert sorgfältige Planung, um sicherzustellen, dass das Vermögen nach den eigenen Wünschen verteilt wird. Ein Testament oder Erbvertrag hilft, Missverständnisse zu vermeiden und Konflikte zu minimieren. Durch rechtzeitige Nachlassregelungen und steuerliche Optimierungen können die Erben bestmöglich abgesichert und die Wünsche des Erblassers berücksichtigt werden.

FAQ’s

Wer erbt, wenn keine Kinder vorhanden sind?

Ohne Kinder erben im ersten Schritt Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner und im zweiten Schritt nahe Verwandte wie Eltern und Geschwister. Sollte der Erblasser keine erbberechtigte Verwandtschaft mehr haben, springt der Staat als letzter gesetzliche Erbe ein. Diese Regelung greift allerdings nur, wenn kein Testament oder Erbvertrag vorliegt.

Wie kann ich meine Erbfolge ohne Kinder individuell gestalten?

Durch ein Testament oder einen Erbvertrag können Sie festlegen, wer Ihr Vermögen erhalten soll. Wichtig ist, dass Sie dabei die Pflichtteilsansprüche im Hinterkopf behalten.

Welche steuerlichen Auswirkungen hat eine Erbschaft ohne Kinder?

Seit der Erbschaftssteuerreform 2024 können höhere Steuerlasten anfallen, besonders bei Verwandten zweiter Ordnung (z. B. Geschwister, Nichten, Neffen) oder nicht verwandten Erben. Ehepartner haben nach wie vor hohe Freibeträge (500.000 Euro), während Verwandte zweiter Ordnung nur 20.000 Euro steuerfrei erben können. Alles darüber hinaus wird je nach Verwandtschaftsgrad mit bis zu 50 % besteuert. Daher ist es ratsam, die Nachlassplanung frühzeitig steuerlich zu optimieren, um unnötige Kosten zu vermeiden.

Was passiert, wenn kein Testament vorliegt?

In diesem Fall greift die gesetzliche Erbfolge und das Vermögen wird nach festen Regeln verteilt. Sollte der Erblasser keine erbberechtigte Verwandtschaft mehr haben, ist der Staat der letzte gesetzliche Erbe.

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Anika Albrecht
anika.albrecht@ak-co.de