Die Aktien-Selektion war noch nie so einfach wie heute

Die Aktien-Selektion war noch nie so einfach wie heute

Veröffentlicht als Gastkommentar (19. Mai 2020) bei

Die Aktien-Selektion war noch nie so einfach wie heute

Es liege auf der Hand, welche Branchen von der Corona-Pandemie profitieren und welche unter ihr leiden, meint Oliver Zastrow, Vermögensverwalter bei Albrecht, Kitta & Co.. Allerdings sei gleichzeitig das richtige Timing so schwer wie selten zuvor.

An einer Fluggesellschaft oder einem Touristik-Unternehmen wollen die meisten Anleger derzeit wohl eher nicht beteiligt sein und dürften damit auch richtig liegen. Gleichzeitig zeigt die grassierende Lungenkrankheit auf brutale Weise, von welcher Bedeutung der Gesundheitsschutz ist. Weltweit entwickeln derzeit rund 130 Firmen Medikamente zur Behandlung von Covid-19 sowie geeignete Impfstoffe.
Allerdings kommt es bei klinischen Tests neuer Wirkstoffe sehr häufig zu Rückschlägen, die sich in den entsprechenden Aktienkursen niederschlagen. Es ist somit sehr riskant auf das eine Medikament oder den einen Impfstoff zu setzen. Aussichtsreicher sind wahrscheinlich breiter aufgestellte Bio-Pharmawerte mit einer großen Pipeline an Innovationen. Alternativ kommen spezialisierte Fonds infrage. Generell ist absehbar, dass künftig mehr Geld in den Healthcare-Bereich fließen wird. Davon sollte auch die Subsektoren digital health, Diagnostik und Medizintechnik profitieren.
Ein zweiter Bereich, der in den zurückliegenden Monaten massiv in den Fokus der Menschen gerückt ist, ist das Homeoffice. Es ist zu erwarten, dass diese Entwicklung nicht mehr gänzlich zurückgedreht werden wird. Viele Beschäftigte werden zwar künftig nicht mehr überwiegend oder sogar vollständig von Zuhause aus arbeiten, aber doch deutlich mehr als früher. Es hat sich allerdings gezeigt, dass die Technik im Homeoffice häufig knirscht. Das gilt nicht zuletzt für den digitalen Schutz gegen Cyber-Kriminalität. Über gute Geschäfte dürften sich somit nicht nur die Hersteller von Laptops oder Kameras freuen, sondern auch die Anbieter von Schutz-Software.

Krisengewinner E-Commerce

Schon lange vor dem Corona-Ausbruch hat sich der Handel immer mehr in den Online-Bereich verlagert. Das hat sich jetzt noch einmal beschleunigt. Viele Menschen, die beispielsweise erstmals krisenbedingt die Kiste Wasser oder Bier per Mausklick bestellt haben, werden dies aus Gründen der Bequemlichkeit auch künftig so handhaben – nach dem Motto: Schleppen war gestern. Gleichzeitig wird sich sicherlich das kontaktlose Bezahlen weiter durchsetzen.
Vor allem die sogenannten Stayhome-Aktien sind in den zurückliegenden Monaten gut gelaufen. Dazu zählen unter anderem Essens-Lieferdienste, Versender von Kochboxen oder Lieferanten von Lebensmitteln und Hygieneartikeln, also alles, was es sonst im Super- und Drogeriemarkt gibt. Davon profitieren nicht nur diese Firmen, sondern auch die Hersteller von Basiskonsumgütern. Dasselbe gilt für Baumärkte und Anbieter von Unterhaltungselektronik. So haben Media Mark und Saturn, die Handelsketten von Ceconomy, im April ihre Online-Bestellungen um sage und schreibe 300 Prozent gesteigert.
Zu den „Zuhause-Aktien“ zählen natürlich auch die ganzen Anbieter von Unterhaltung: angefangen von Video-Spielen über soziale Netzwerke bis zu Streaming-Diensten. Konsumenten, die sich einmal an Video-on-Demand gewöhnt haben, werden den Rückschritt zum linearen Fernsehen wohlauch nach dem Ende der Krise vermeiden wollen.

Tech-Werte aus den USA und China

Generell dürfte die Digitalisierung weiter zunehmen. Die meisten der Unternehmen, die damit Geld verdienen, stammen allerdings aus den USA und China. Während der Old-Economy-lastige Dax seit Jahresanfang gut 20 Prozent verloren hat, liegt der NASDAQ 100 fast fünf Prozent im Plus – das sagt eigentlich alles.
Diese Kurssprünge nach oben zeigen aber auch die Crux, vor der die Anleger derzeit stehen: Die Selektion der richtigen Branchen und Einzelwerte ist derzeit so einfach wie schon lange nicht mehr. Dafür ist das Timing für den passenden Ein- und Ausstieg dramatisch schwieriger geworden.
Die Aktienmärkte haben in den vergangenen Wochen ein V-Verlauf hingelegt, was es in dieser Steilheit noch nie gab: Das gilt sowohl für den Einbruch zu Beginn des Corona-Crashs als auch für die anschließende Erholung, die interessanterweise einsetzte, als die Zahl der Neuinfizierten noch zunahm.

Schwieriger Ausblick

In den kommenden Wochen sind neue Schätzungen für das Bruttoinlandsprodukt der verschiedenen Volkswirtschaften zu erwarten. Gleichzeitig werden die Unternehmensanalysten ihre Ergebnisprognosen weiter anpassen. Sicher scheint schon jetzt: Die Ergebnisse für das zweite Quartal werden noch schlechter als die des ersten ausfallen. Und ob es schon ab dem dritten Quartal zu einer V-förmigen Konjunkturerholung kommt, darf zumindest hinterfragt werden.
Gleichzeitig fluten die Notenbanken und Staaten ihre Volkswirtschaften mit bislang ungekannten Mengen Liquidität. Dem weitgehend konstanten Angebot von Aktien steht also deutlich mehr Nachfrage – sprich Geld – gegenüber. Die Erholung könnte somit mittelfristig trotz weltweiter Rezession in 2020 unter starken Schwankungen weitergehen.

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