Aktien mit Fragezeichen, Anleihen und Gold aussichtsreich

Aktien mit Fragezeichen, Anleihen und Gold aussichtsreich

Kommt es an den Aktienmärkten zu einer Jahresendrally? Unser Portfoliomanagement Direktor Michael Wittek sieht das skeptisch. Deutlich zuversichtlicher ist er für Anleihen und Gold.

Angesichts der sinkenden Inflationsdaten in den USA setzen die Anleger auf ein baldiges Ende der Leitzinserhöhungen durch die amerikanische Notenbank Fed. Der S&P 500 ist seit seinem letzten zyklischen Tief am 13. Oktober (!) bereits um rund 14 Prozent gestiegen. Die Stimmung ist unter den Anleger längst nicht mehr so negativ wie noch vor wenigen Wochen. Vor allem der Rückgang der Inflation in den USA auf zuletzt 7,7 Prozent macht ihnen Hoffnung.

Ob diese berechtigt ist, wird sich mit ziemlicher Sicherheit schon bald zeigen. Am 13. Dezember werden in den Vereinigten Staaten dann die neuen Inflationsdaten veröffentlicht. Hier wird sich zeigen, ob die restriktivere Geldpolitik der Fed anfängt zu wirken. Zur Erinnerung: Die amerikanische Notenbank hatte Mitte März das erste Mal seit 2018 den Leitzins angehoben sowie seitdem umfangreich Anleihen verkauft und so den Finanzmärkten Liquidität entzogen. Erfahrungsgemäß wirken solche Maßnahmen mit einem zeitlichen Versatz vor circa neun Monaten.

Einen Tag später, am 14. Dezember, tagt dann die Fed das letzte Mal in diesem Jahr. Dann dürfte es mehr Klarheit geben, ob Notenbank-Chef Jerome Powell glaubt, dass die bisherigen Leitzinserhöhungen reichen, um die Inflation nachhaltig zu bekämpfen. In den 70er Jahren hat die Fed gleich zweimal zu früh mit Zinssenkungen reagiert, als die Inflation sich damals zurückgebildet hat. Das weiß natürlich auch Powell.

Es besteht also durchaus die Möglichkeit, dass die Fed die Rally der zurückliegenden Wochen einen Strich durch die Rechnung macht. Es hängt maßgeblich von den Inflationsdaten und der Notenbank Entscheidung ab, ob sich die Erholung an der Wall Street in den kommenden Wochen fortsetzt und in einen Bullenmarkt mündet oder nicht.

Gute Aussichten für Anleihen

Ein deutlich klareres Bild zeigt sich bei Anleihen. Hier haben die in den USA und Europa gestiegenen Leitzinsen sowie der russische Angriffskrieg in der Ukraine für deutlich steigende Renditen bei Unternehmensanleihen gesorgt. Dementsprechend hoch fielen die Kursverluste aus. Vor allem die risikolosen Zinsen sind stark gestiegen, aber auch die Risikoaufschläge – und zwar über alle Laufzeiten.

Besonders hart hat es Renten mit langen Laufzeiten erwischt, Kurzläufer kamen deutlich weniger unter die Räder. Unternehmensanleihen mit einer ein- bis dreijährigen Restlaufzeit weisen auf risikoadjustierter Basis, also Gesamtertrag pro Einheit Volatilität, gegenüber dem Gesamtmarkt eine nennenswerte bessere Renditechance aus. Dasselbe gilt für länger laufende Staatsanleihen aus Deutschland und den USA.

Wahrscheinlich kommt die Fed nicht daran vorbei, mit ihren Maßnahmen gegen die Inflation die Wirtschaft in eine Rezession zu schicken. Was für die Aktienmärkte eine schlechte Nachricht ist, ist für die Rentenmärkte eine gute. Das aktuelle Renditeniveau ist für eine schrumpfende Wirtschaftsleistung einfach zu hoch. Das gilt vor allem für kurzlaufende Rentenpapiere, bei denen auch noch das Emittentenrisiko niedriger ausfällt als bei Anleihen mit längeren Laufzeiten. Europäische Unternehmensanleihen mit kurzen Restlaufzeiten sind derzeit „the place to be“.

Gold vorm Comeback

Das Edelmetall hat sich, ähnlich wie Anleihen, in diesem Jahr schwergetan. Seit dem kurzfristigen Anstieg zu Beginn des Ukraine-Kriegs ist der Preis in Dollar bis heute um 14 Prozent gefallen. Dazu hat auch der feste Greenback beigetragen. Der Dollar hat seit dem zyklischen Gold-Hoch Anfang März trotz der jüngsten Abwärtskorrektur immer noch acht Prozent aufgewertet.

Jetzt stellt sich die Frage, ob der Dollar weiter steigt und so den Goldpreis unter Druck setzt. Wahrscheinlich wird das nicht passieren. Denn auch in den USA kühlt sich die Wirtschaft spürbar ab. Ein deutliches Zeichen dafür sind die wirtschaftlichen Schwierigkeiten von Techwerten wie Amazon oder Meta, die Tausende von Mitarbeitern entlassen. Außerdem hat jetzt auch die EZB mit zeitlichem Verzug auf die Fed mit Zinserhöhungen begonnen. Beides spricht gegen einen noch deutlich festeren Dollar.

Auch ein zweiter Belastungsfaktor für den Goldpreis dürfte an Kraft verlieren: die stark gestiegenen Zinsen im Langfristbereich, die traditionell das Zins- und Dividenden-lose Gold unter Druck setzen. Angesichts der flauen Konjunktur dürften sie kaum weiter steigen, sondern eher wieder fallen und dadurch dem Edelmetall weniger Konkurrenz machen.

Klar ist…

So oder so – Anleger sollten auf jeden Fall die beiden genannten Termine im Dezember im Blick behalten. Sie werden Aufschluss darüber geben, wohin die weitere Reise an den Finanzmärkten gehen wird.

Michael Wittek leitet unser Portfoliomanagement und ist für die Anlegestrategie verantwortlich.
Veröffentlicht als Gastkommentar am 29. November 2022 auf dasinvestment.com


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