DIE WELTWIRTSCHAFT BRUMMT

KONJUNKTUR & GEOPOLITIK

DIE WELTWIRTSCHAFT BRUMMT

Weltweit brummen die Volkswirtschaften, auch wenn Deutschland beim Wachstumstempo etwas hinterherhinkt. Zwar ist Corona gekommen, um zu bleiben. Die wirtschaftlich negativen Auswirkungen sind aber mittlerweile sehr viel geringer als 2021. Deutlich größere Probleme bereiten die gestörten Lieferketten. Diese sind auch deshalb so angespannt, weil viele Unternehmen aus Gründen der Vorsicht ihre Lagerhaltung stark erhöht haben. Hier könnte sich der Toilettenpapier-Effekt von 2021 wiederholen und die Nachfrage plötzlich sinken, wenn alle meinen, genug Vorräte gebunkert zu haben. Noch ist die Versorgung mit Rohstoffen und Vorprodukten weltweit angespannt. Doch dieses Phänomen wird wohl kaum von Dauer sein. Die Konjunkturampeln stehen weltweit weiter auf grün.

Der Blick nach Deutschland täuscht. Hier dürfte das Bruttoinlandsprodukt 2021 gerade einmal um etwas mehr als zwei Prozent zulegen und damit deutlich weniger als ursprünglich prognostiziert. Aber weltweit profitiert das Wirtschaftswachstum von massiven Nachholeffekten. Das gilt vor allem für die beiden größten Volkswirtschaften der Welt: die USA und China. Zwar gibt es, eigentlich wie immer, verschiedene geopolitische Risiken, doch diese sind zuletzt etwas in den Hintergrund getreten. Das Gefahrenpotenzial hat eher ab- als zugenommen.

Bei der Bekämpfung von Corona macht Deutschland keine besonders gute Figur. Länder wie Spanien, Portugal oder Italien, die es am Anfang der Pandemie im vergangenen Jahr sehr viel schlimmer als die Bundesrepublik getroffen hatte, kommen jetzt viel besser durch die vierte Welle. Doch nicht Corona, sondern die gestörten Lieferketten sind der Hauptgrund für das schwache Wachstum in Deutschland. Traditionell hat das verarbeitende Gewerbe in Bundesrepublik einen besonders hohen Anteil an der Wirtschaftsleistung. Es ist aber von den global gestörten Lieferketten und Engpässen sehr viel stärker betroffen als beispielsweise der Dienstleistungssektor.

Am deutlichsten zeigt sich das an der Automobilindustrie, der es bereits seit Monaten an Halbleitern mangelt. Nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes sind im Oktober die Neuzulassungen von Pkw in Deutschland auf weniger als 180.000 Fahrzeugen regelrecht eingebrochen. Das bedeutet im Jahresvergleich ein Minus von 35 Prozent.

Die Bänder der deutschen Automobilhersteller stehen still.

Seit Jahresbeginn wurden bis Ende Oktober 5,2 Prozent Fahrzeuge weniger zugelassen als im schwachen Corona-Jahr 2020. Vor allem der Mangel an Halbleitern bremst die deutsche Automobilindustrie aus. Bei fast allen Herstellern fallen Schichten aus. Die Stellantis-Tochter Opel hat sein Werk in Eisenach sogar schon im Herbst mindestens bis zum Ende des Jahres 2021 dicht gemacht.

Und nicht nur Halbleiter sind weltweit knapp. Das gilt auch für die Transportkapazitäten. Vor allem zu Beginn 2020 ist der Welthandel kräftig eingebrochen. In der Folge sind umfangreich Schiffe und Container ausgemustert und verschrottet worden. Gleichzeitig mussten zahlreiche Hafenarbeiter sich einen neuen Job suchen. Jetzt fehlen die Kapazitäten, um die Schiffe zu löschen. Vor allem vor den großen Häfen in China und den USA stehen die Schiffe Schlange.

Vor den großen Seehäfen gibt es zum Teil riesige Staus.

Weitere Engpässe zu befürchten

Für die deutschen Autobauer könnte es noch an weiteren Stellen eng werden. Denn sowohl das benötigte Magnesium als auch das für Elektroautos gebrauchte Lithiumkarbonat und -hydroxid kommen zum überwiegenden Teil aus China. Und im Zweifelsfall lenkt Peking knappe Rohstoffe und Vorprodukte aufs eigene Land um. So geschehen beim weltweit knappen Dünger, bei dem es seit Oktober in der Volksrepublik Ausfuhrkontrollen gibt. China ist eigentlich der weltweit größte Exporteur von Dünger.

35

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weniger PKW-Neuzulassungen

Nach Berechnungen des renommierten Ifo-Instituts kosten die verschiedenen Lieferengpässe schon heute die deutsche Wirtschaft ein Prozent Wachstum. Aber Deutschland scheint sich mit seiner starken Industrieproduktion als Sonderfall zu entpuppen. Die EU-Kommission rechnete in ihrem Herbstgutachten mit einem Wirtschaftswachstum in der EU von satten fünf Prozent im Jahr 2021. Im dritten Quartal habe die Konjunktur wieder das Niveau von vor Corona erreicht, so die Volkswirte aus Brüssel. Und im nächsten Jahr soll es um weitere 4,3 Prozent bergauf gehen – trotz des deutschen Konjunktur-Bremsklotzes. Zur Erinnerung: Im Jahr 2020 war die Wirtschaftsleistung in den 27 EU-Ländern um mehr als sechs Prozent zurückgegangen.

Die Wirtschaft der EU wächst ausgesprochen robust.

In Bezug auf Deutschland ist allerdings anzumerken, dass das unterdurchschnittliche Wachstum auch daran liegt, dass hier die Wirtschaft spürbar besser durch das Corona-Jahr 2020 gekommen ist als in den meisten anderen Ländern. Daher fällt auch das Nachhol- oder Aufholpotenzial hier spürbar geringer aus. Andere Länder holen dagegen deutlich auf. Schließlich ist zu beachten, dass die deutsche Wirtschaftsleitung – trotz ihrer vergleichsweise schwachen Erholung – nur noch gut ein Prozent unter dem Vorkrisenniveau liegt. Und 2022 soll die deutsche Wirtschaft auch schon wieder stärker expandieren als der EU-Durchschnitt.

BIP Wachstum Jahresraten

Von Stagflation kann keine Rede sein.

Inflation ja, aber kein Stillstand beim Wirtschaftswachstum

In den zurückliegenden Monaten machte das Stagflations-Szenario wieder seine Runde – wahrscheinlich aber zu Unrecht. Zwar sind die Preise zuletzt spürbar gestiegen. In der EU lag die Inflation im Oktober bei mehr als vier Prozent. Umgehend keimten Stagflations-Befürchtungen auf – ähnlich wie in den 70er-Jahren als ein explodierender Ölpreis für hohe Inflationsraten sorgte und gleichzeitig das Wirtschaftswachstum abwürgte. Zwar sind es jetzt auch die Energiepreise, die zu einem guten Teil für den Anstieg der Verbraucherpreise sorgen. Eine Stagnation der Wirtschaftsleistung ist dagegen bislang nicht in Sicht. Vielmehr wachsen die großen Volkswirtschaften robust.

Meistens steigen in einer Stagflation auch die Arbeitslosenzahlen. Auch das ist bislang nicht der Fall. Vielmehr sind Fachkräfte, Pflegepersonal oder Lkw-Fahrer knapp und gesucht – und zwar nicht nur in Großbritannien. Beim Thema Stagflation sieht somit alles nach Entwarnung aus. Das hängt auch mit dem starken Wirtschaftswachstum in den beiden größten Volkswirtschaften der Welt zusammen, die für eine global hohe Nachfrage sorgen.

Bislang starkes US-Wachstum lässt nach

In den Vereinigten Staaten dürfte in diesem Jahr beim Wirtschaftswachstum sogar eine sechs vor dem Komma stehen. Das hängt auch damit zusammen, das Ex-Präsident Donald Trump und jetzt Joe Biden bei der Bekämpfung der Corona-Folgen sehr viel tiefer in die Tasche gegriffen haben als die europäischen Regierungschefs.

Die US-Konjunktur verliert an Dynamik.

Doch die Wirkung der mit vollen Händen verteilten Konsum-Checks scheint nachzulassen – und zwar kräftig. Im dritten Quartal 2021 ist das US-BIP aufs Jahr hochgerechnet nur noch um zwei Prozent gestiegen, so das Handelsministerium mit einer ersten Schätzung. Von April bis Juni belief sich das Plus noch auf 6,7 Prozent. 

Das Wirtschaftswachstum kühlt sich in den USA nicht nur spürbar ab, es lag auch deutlich unter den Erwartungen. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Volkswirte hatten für das dritte Quartal mit einem Zuwachs des BIP von durchschnittlich 2,7 Prozent gerechnet.

Gestörte Lieferketten auch in den USA

Auch in den USA sind Halbleiter für elektronische Geräte und Autos knapp. Zudem fehlen vielfach Arbeitskräfte. Verschiedene Firmen - zum Beispiel aus der Systemgastronomie - haben bereits begonnen, die Löhne zu erhöhen und/oder an neue Mitarbeiter Antrittsprämien zu zahlen.

In den USA fehlen Chips und Arbeitskräfte.

Zwar hat Präsident Biden jetzt doch noch sein Infrastrukturpaket durch beide Kammern das Kongresses bekommen. Mit einem Volumen von 1.200 Milliarden Dollar steht mehr Geld zur Verfügung als seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs jemals am Stück investiert wurde. Mit dem Paket sollen Straßen, Brücken, Häfen, Flughäfen oder auch die Schienen-, Strom- und Breitbandnetze auf Vordermann gebracht werden.

Doch die Hälfte des Geldes stammt aus Mitteln, die bereits bewilligt waren und jetzt umgeschichtet werden. Außerdem sollen sich die Investitionen über einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren erstrecken. Biden pumpt somit in den kommenden Jahren nur überschaubare 60 Milliarden Dollar pro annum zusätzlich in die amerikanische Volkswirtschaft.

Das US-Infrastrukturpaket ist kleiner als es auf den ersten Blick aussieht.

4.3

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Wachstum im Europa in 2022

Der Anfang vom Ende der lockeren Geldpolitik

Gleichzeitig hat die amerikanische Notenbank Fed begonnen, ihre Anleihekäufe monatlich um 30 Milliarden Dollar zu reduzieren. Bei einem Volumen von ursprünglich 120 Milliarden Dollar pro Monat, dürfte somit nach paar Monaten Schluss sein. Zwar hat Fed-Chef Jerome Powell ziemlich klar angedeutet, dass Zinserhöhungen erst einmal nicht in Frage kommen, da er die stark gestiegene Inflation für ein zeitlich begrenztes Phänomen hält. Doch an dieser Einschätzung mehren sich die Zweifel.

Im November stiegen die Verbraucherpreise in den USA um satte 6,8 Prozent und damit so stark wie seit 30 Jahren nicht mehr. Zwar liegt das sicherlich an Basis- und Nachholeffekten. Doch wenn längerfristig bei der Inflation eine vier vor dem Komma stehen sollte, steigt der Druck auf die Fed, auf die Bremse zu treten.

Unterschiedliche Inflationsraten

Zinserhöhungen der Fed werden kommen.

Bereits jetzt ignorieren die Börsianer das Szenario steigender Notenbankzinsen in den USA nicht mehr. Zum Redaktionsschluss Mitte Dezember werden in den Terminmärkten bereits drei Zinserhöhungen im kommenden Jahr eingepreist.

Vielmehr erschreckten die Kapitalmärkte über die Aussagen des Fed-Chefs in einer Kongressanhörung, dass man prüfe, ob das laufende Kaufprogramm bereits früher enden könnte. Die Kernbotschaft Powells dabei war, dass er die Inflation nun nicht mehr als „vorübergehend“ bezeichnet. Er geht zwar weiterhin von rückläufigen Inflationszahlen aus, jedoch erwartet die Fed deutlich länger höhere Preise.

Dass die Fed so plötzlich von ihrer lange durchgehaltenen These Abstand nimmt, hat viele Marktteilnehmer auf dem falschen Fuß erwischt.
Liquidität ist nicht zuletzt seit dem „Sell-off“ im Frühjahr 2020 – eigentlich schon seit der Finanzkrise 2009 – DAS Schmiermittel der Aktienmärkte gewesen. Wird die Liquidität nun abrupt absorbiert, kann dies belastend für die Finanzmärkte wirken. Es werden Gendanken an 2018 wach. Hier zog Powell mit seinen Aussagen zu Zinserhöhungen den Märkten den Stecker. Er ruderte jedoch schnell wieder zurück. Wir nehmen jedoch an, dass er auch dieses Mal die Märkte beruhigen wird. Denn er weiß, dass schlechte Stimmung an den Aktienmärkten schnell auf den amerikanischen Konsumenten durchschlägt. Nachlassender Konsum hätte jedoch wiederum negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Man wird den Verdacht nicht los, dass die Fed sich in einer Zwickmühle befindet.

Saisonal bereinigte Arbeitslosenquoten

FED Bilanzsumme

Auch in China ist die Lage vertrackt

Peking hat wieder einmal auf verschiedene Weise in die Wirtschaft eingegriffen. Erst sind die kommunistischen Machthaber gegen die Internet-Giganten Alibaba und Co. vorgegangen. So haben sie im letzten Moment den Börsengang der Alibaba-Tochter Ant Financial gestoppt. Wahrscheinlich war ihnen Alibaba-Gründer und Mehrfachmilliardär Jack Ma zu aufmüpfig geworden, der in der Öffentlichkeit Kritik an der Partei geäußert hatte. Auch bei anderen Internet-Konzernen griff die Politik durch.

Peking weist die Internet-Milliardäre in die Schranken.

Dann ging es den Nachhilfe-Portalen an den Kragen. Denn die kosten eine Menge Geld, was sich in China nicht jede Familie leisten kann. Im Prinzip hat Peking die Internet-Nachhilfe-Angebote verboten, weil diese nicht mit der Parole „Wohlstand für alle“ kompatibel ist. Grundsätzlich gilt ja nicht nur in China, dass eine zu große Kluft zwischen Arm und Reich das Wirtschaftswachstum bremst. Außerdem fürchten die chinesischen Politiker kaum etwas so sehr wie soziale Unruhen. Und ein zu großer zur Schau gestellter Reichtum bietet genau dafür einen geeigneten Nährboden.

Schließlich sind noch verschiedene Immobilien-Projektentwickler wie Evergrande in Schieflage geraten und konnten ihre Schulden nicht termingerecht zurückzahlen. Selbst bei einer kontrollierten Abwicklung, die die Politik offenbar anstrebt, könnte dies das chinesische Wirtschaftswachstum bremsen.

Immobilienmarkt könnte in China zum Problem werden

Die Krux in China ist, dass sich die Immobilien-Projektentwickler zu einem guten Teil durch die Vorauszahlungen von Wohnungskäufern finanzieren. Wenn bei diesen die Angst um sich greift, dass die gekauften Wohnungen nicht zu Ende gebaut werden und ihre Anzahlungen futsch sind, könnte bei Evergrande und Co. die Finanzierung austrocknen.

Weniger Bau bedeutet in China weniger BIP-Wachstum.

Wenn in China der Immobilien- beziehungsweise der Bausektor unter Druck geriete, würde dies das gesamte Wirtschaftswachstum bremsen. Denn in der Volksrepublik hängt die Konjunktur maßgeblich vom Bau ab. Doch danach sieht es derzeit nicht aus.

Vielmehr ist zu erwarten, dass Peking wie schon 2012 und 2019, die Kreditvergabe für Hypotheken nach einer längeren Drosselung wieder hochfährt. Dafür sind bereits erste Anzeichen zu erkennen. Denn die Wirtschaft entwickelte sich für die Ansprüche Pekings zuletzt zu schwach.

Keine Abkoppelung von der Weltwirtschaft

Offensichtlich will China vor allem von den USA unabhängiger werden. Nach vier Jahren Krach mit Trump kann das eigentlich auch nicht verwundern. Aber Peking wird sich sicherlich nicht vom Welthandel abkoppeln. Allein mit der Binnenwirtschaft wird die Volksrepublik seine ambitionierten Ziele nicht erreichen. „Wohlstand für alle“ ist wohl nur dann zu schaffen, wenn China weiterhin umfangreich Waren ins Ausland exportiert.

Peking wird wohl kaum überspannen.

Bei seinen Eingriffen in die Wirtschaft gehen die chinesischen Machthaber relativ differenziert vor. Getroffen hat es vor allem die Tech-Konzerne, die in Hongkong oder sogar in den USA börsennotiert sind. Bei diesen steckt ja auch umfangreich ausländisches Kapital drin. Die Unternehmen, die nur auf dem chinesischen Festland gehandelt werden, blieben weitgehend unberührt. Das zeigt sich unter anderem daran, dass die sogenannten H-Aktien, die in Hongkong gelistet sind, sehr viel schlechter gelaufen sind als die A-Aktien, die nur auf dem Festland notieren.

Ja, China reguliert die Wirtschaft wieder stärker und konzentriert sich vermehrt auf die Wirtschaft im eigenen Land. Und ja, der chinesische Immobiliensektor macht Sorgen. Aber ein Ende der chinesischen Wachstumsstory ist nicht in Sicht.

Notenbank wird wieder expansiv agieren.

Die Notenbank in Peking hat ihre Geldpolitik schon im Frühjahr gestrafft, China war ja viel früher aus der Coronakrise rausgekommen als der Westen. Doch jetzt sind erneute geldpolitischen Stimuli zu erwarten, da das aktuelle Wirtschaftswachstum nicht zu sehr abflachen soll. Laut dem Daten-Portal Statista ist in China in diesem Jahr ein BIP-Zuwachs von mehr als acht Prozent zu erwarten, dass sich dann 2022 auf knapp sechs Prozent abschwächen dürfte.

An Chinas Ziel, die größte und technologisch führende Wirtschaftsmacht der Welt zu werden, hat sich, trotz der jüngsten Kursänderungen, nichts geändert. Wahrscheinlich wird die Volksrepublik schon zwischen 2028 und 2030 die USA beim BIP überholen.

Geopolitische Risiken bilden sich zurück

Es ist ja richtig, dass an den Finanzmärkten auch politische Risiken bestehen. Aber die gibt es eigentlich immer. Auch wenn es zynisch erscheinen mag, die Geopolitik ist den Börsianern meistens ziemlich egal. Das gilt zumindest so lange, wie diese nicht für wirtschaftliche Risiken sorgen. Doch bei dem Konflikt zwischen China und Taiwan trifft genau das zu.

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Mrd.

Fed reduziert Anleihenkäufe monatlich

Vor allem zur Jahresmitte hat Peking gegenüber Taipeh seine Muskeln spielen lassen. Das hat sowohl wirtschaftliche als auch geopolitische Gründe. Taiwan kommt bei Halbleitern auf einen Anteil am Weltmarkt von mehr als 50 Prozent. Davon abhängig zu sein ist vor allem Peking ein Dorn im Auge. Außerdem haben die kommunistischen Machthaber auf dem Festland nie die Unabhängigkeit der Insel anerkannt und betrachten sie bis heute als abtrünnige Provinz. Wie brutal Peking seine Ansprüche verfolgt, hat in der Vergangenheit auf eine traurige Weise die Annektion Tibets gezeigt. China hält sich jedoch bei den militärischen Machtdemonstrationen auf See und in der Luft im Augenblick wieder etwas mehr zurück.

China fährt die See- und Luftmanöver zurück.

In diesem Jahr spielen sich an den Außengrenzen Europas und der USA zu Mexiko wieder einmal Flüchtlingstragödien ab. Die Flucht von Menschen aus politisch autoritären und wirtschaftlich kaputten Ländern entwickelt sich zum Dauerthema. So traurig die Lage der betroffenen Menschen auch ist, an den Finanzmärkten spielen sie keine Rolle.

Der Brandherd im Nahen Osten bleibt langfristig gefährlich.

Beim Konflikt mit dem Iran um dessen Atomprogramm sieht das schon etwas anders aus. Denn eine Eskalation des Streits im Nahen Osten könnte zu einer Verknappung des Ölangebots führen und hätte damit auch einen wirtschaftlichen Impact. Doch zumindest für den Augenblick hat sich die Lage offenbar etwas entspannt. Das wird wahrscheinlich aber nicht auf Dauer der Fall sein, denn die Mullahs in Teheran agieren weiterhin extrem aggressiv.

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Taiwan stellt bei Halbleitern die Hälfte des Weltmarkts

KLAR IST

Weltweit brummen die Volkswirtschaften, auch wenn Deutschland beim Wachstumstempo etwas hinterherhinkt. Zwar ist Corona gekommen, um zu bleiben. Die wirtschaftlich negativen Auswirkungen sind aber mittlerweile sehr viel geringer als 2021. Deutlich größere Probleme bereiten die gestörten Lieferketten. Diese sind auch deshalb so angespannt, weil viele Unternehmen aus Gründen der Vorsicht ihre Lagerhaltung stark erhöht haben. Hier könnte sich der Toilettenpapier-Effekt von 2021 wiederholen und die Nachfrage plötzlich sinken, wenn alle meinen, genug Vorräte gebunkert zu haben. Noch ist die Versorgung mit Rohstoffen und Vorprodukten weltweit angespannt. Doch dieses Phänomen wird wohl kaum von Dauer sein. Die Konjunkturampeln stehen weltweit weiter auf grün.

ERWARTE DAS UNERWARTETE

Erfahrungsgemäß sind es meistens Notenbanken, die ein Wirtschaftswachstum durch Zinserhöhungen abwürgen und eine Rally an den Aktienmärkten beenden. Genau das könnte sich in den USA wiederholen, wenn sich die (zu) hohe Inflationsrate nicht in den kommenden Monaten zurückbildet und der Druck auf die Fed weiter zunimmt. Außerdem bleibt China weiterhin eine Blackbox. Ob aber das von alten kommunistischen Männern kontrollierte und gesteuerte Wirtschaftssystem tatsächlich auf Dauer der westlichen Marktwirtschaft überlegen ist – who knows? Das kann auch in die falsche Richtung losgehen und weltweit die Finanzmärkte mit nach unten ziehe

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