Wasserstoff ist das Öl von Morgen

Wasserstoff ist das Öl von Morgen

Der Energieträger „Wasserstoff“ steht noch ganz am Anfang, meint Holger Knaup. Entsprechend groß schätzt der Experte von Albrecht, Kitta & Co. die Investmentchancen ein.

Nach dem Ausstieg aus der Atomenergie ist jetzt auch das Ende der Kohleverstromung beschlossene Sache. Die geplante Energiewende lässt sich ohne den verstärkten Einsatz von Wasserstoff kaum bewältigen. Deutschland will sich hier als weltweiter Vorreiter etablieren. Dafür stellt die Regierung Subventionen von sieben Milliarden Euro bereit. Weitere zwei Milliarden Euro sind für die Unterstützung internationaler Partnerschaften eingeplant. Auch die EU-Kommission will das Thema Wasserstoff durch verschiedene Maßnahmen vorantreiben.

Wasserstoff ist in sehr vielen Bereichen als Energieträger einsetzbar. Grundsätzlich lassen sich mit ihm Schiffe, Lkw, Pkw oder Flugzeuge antreiben. Wasserstoff kann aber auch zum Heizen von Gebäuden und für deren Stromversorgung genutzt werden. Ein weiteres Einsatzgebiet ist die Industrie, vor allem in energieintensiven Branchen wie der Stahlerzeugung oder in der Chemie.

Im Vergleich zu anderen Energieträgern – insbesondere zu fossilen – verfügt Wasserstoff über eine Reihe von Vorteilen. So ist sein Einsatz vergleichsweise sicher. Lkw mit Brennstoffzellen haben weltweit schon 16 Millionen Kilometer zurückgelegt und dabei kaum Probleme gemacht. Und in der Industrie gibt es bereits 50 Jahre Erfahrung mit der Speicherung, dem Transport und dem Einsatz von Wasserstoff.
Die Anhänger von Brennstoffzellen argumentieren zudem mit der großen Reichweite entsprechend angetriebener Fahrzeuge, mit dem Wegfall von klimaschädlichen Emissionen, dem vergleichsweise hohen Wirkungsgrad und der geringen Geräuschbelastung. Allerdings setzen die Pkw-Hersteller mehrheitlich auf E-Autos mit Akkus. Es darf durchaus bezweifelt werden, ob sie die Mittel aufbringen wollen oder können, um eine weitere Antriebstechnologie marktreif zu entwickeln. Möglicherweise eignen sich Brennstoffzellen besser für Lkw, da sie hier vor allem mit ihrer Reichweite und dem schnellen Betanken punkten.

Die Farbenlehre des Wasserstoffs

Schließlich ermöglicht es Wasserstoff, Energie umweltfreundlich zu gewinnen. Grundsätzlich lässt sich Wasserstoff auf verschiedene Arten herstellen. Sogenannter grauer Wasserstoff entsteht durch die Aufspaltung von Erdgas unter Hitze in Wasserstoff und CO₂. Doch von dem Kohlendioxid gibt es schon mehr als genug. Wird dieses gespeichert (Carbon Capture and Storage), spricht man von blauem Wasserstoff. Hier stellt sich allerdings eine ähnliche Problematik wie bei den atomaren Endlagern. Bei türkisem Wasserstoff entsteht CO₂ nicht als Gas, sondern in fester Form. Das bringt zumindest bei der Speicherung oder der Weiterverarbeitung Vorteile.

Am besten für die Umwelt ist die Herstellung von grünem Wasserstoff. Diesen gewinnt man durch die Elektrolyse von Wasser, das ja zumindest in unseren Breitengraden bislang noch ausreichend vorhanden ist. Bei diesem Verfahren liefern erneuerbare Energien, also vor allem Wind- und Solarkraft, den benötigten Strom. Dadurch ist das Verfahren zu 100 Prozent CO₂-frei. So könnte überschüssiger Wind- und Solarstrom für die Produktion des innovativen Energieträgers genutzt, statt abgeregelt zu werden. Da sich Wasserstoff problemlos speichern lässt, würden erneuerbare Energien gleichzeitig grundlastfähig. Einziger Nachteil: Die Produktion von grünem Wasserstoff ist bislang rund dreieinhalbmal zu teuer wie die Herstellung grauen Wasserstoffs. Auch die Produktion von blauem Wasserstoff ist sehr viel günstiger.
Verschiedene Regierungen scheinen jedoch entschlossen, der umweltfreundlichen Energiegewinnung zum Durchbruch zu verhelfen. Nur durch die Power-To-X genannte Technologie lassen sich CO₂-intensive Bereiche wie der Verkehr, die Industrie und die Gebäude dekarbonisieren. In den Niederlanden soll unter der Führung von Shell eine Megaprojekt mit bis zu vier Gigawatt Leistung entstehen. Das entspricht in etwa dem Output von drei mittelgroßen Kernkraftwerken. Und Dänemark will ebenfalls im großen Stil mit Offshore-Windrädern grünen Wasserstoff produzieren.

Jetzt zieht auch die deutsche Regierung nach. Mit mindestens sieben Milliarden Euro will Berlin seine „Nationale Wasserstoffstrategie“ anschieben. Ziel ist es, in den kommenden zehn Jahren Produktionskapazitäten von rund fünf Gigawatt aufzubauen. 2040 sollen es dann schon zehn Gigawatt sein. So soll es umfangreiche Zuschüsse für entsprechende Investitionen geben.
Außerdem will die Bundesregierung die Produktion von grünem Wasserstoff von der EEG-Umlage befreien. Die Produktionskosten würden auf einen Schlag von rund 16,5 auf nur noch zehn Cent je Kilowattstunde sinken. Da Wind- und Solarstrom immer preisgünstiger werden, ist es dann nur noch eine Frage der Zeit, bis grüner mit grauem Wasserstoff konkurrieren kann. Die steigenden CO2-Preise beschleunigen die Entwicklung hin zur Kostenparität.

Neue Geschäftsbereiche

Aber auch die Unternehmen wittern das große Geschäft. Beispielsweise müssen die Energieversorger Ersatz für die wegfallende Kernkraft und Kohleverstromung schaffen. RWE-Chef Martin Schmitz sagte in einem Zeitungsinterview: „Das Potenzial für Wasserstoff ist riesig“. Experten rechnen mit der Entstehung eines Milliardenmarkts. Für Anleger dürften sich aus den neuen, umweltfreundlichen Wasserstoff-Technologien in den kommenden Jahren attraktive Investmentchancen ergeben.
Investoren können auf diese Zukunftstechnologie in verschiedener Form setzen. Dazu zählen die Aktien von entsprechenden Versorgern, Herstellern von Industriegasen, Betreibern von Wind- oder Solarparks oder Anlagenbauer. Wie fast immer kommt es auf die richtige Selektion der Einzeltitel an.

Veröffentlicht als Gastkommentar (13. Juli 2020) bei

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