Die Zeit preiswerter Rohstoffe ist vorbei

Die Zeit preiswerter Rohstoffe ist vorbei

Die Lage an den Rohstoffmärkten hat sich vorerst beruhigt. Unser Portfoliomanagement Direktor Michael Wittek rechnet aber nicht mit weiter fallenden Preisen. Im Gegenteil: Er sieht hier attraktive Investmentchancen. Ganz besonders in einem Bereich…

Öl der Sorte Brent kostet derzeit fast exakt so viel wie vor einem Jahr, also noch vor dem Überfall der Russen auf ihr angebliches Brudervolk in der Ukraine. Das Industriemetall Kupfer notiert sogar trotz der jüngsten Aufwärtskorrektur noch tiefer als vor zwölf Monaten. Der Grund liegt auf der Hand: Die großen Wirtschaftsblöcke USA und Europa steuern offenbar auf eine Rezession zu.

Anleger und Verbraucher sollten sich aber nicht täuschen lassen: Deutlich preiswerter werden Energie und Rohstoffe wahrscheinlich nicht mehr. Vielmehr spricht einiges für eher höhere Preise. Das gilt insbesondere für die Energierohstoffe.

Nachfrage nach Öl und Gas wird wieder steigen

Mit dem Ende der Null-Covid-Politik steht in China die Wirtschaft vor einem Reopening. Dadurch wird die Nachfrage nach Öl und Gas wieder spürbar steigen. Deutschland konnte sich auch deshalb im Winter größere Mengen an Flüssiggas (FNG) sichern, weil die Nachfrage aus China eingebrochen war. Die Volksrepublik gehört mit Japan und Südkorea zu den drei größten FNG-Importeuren der Welt. Jetzt dürfte sich die Nachfrage aus China wieder normalisieren. Bei Rohöl ist eine analoge Entwicklung zu erwarten.

Gleichzeitig scheint es in den westlichen Industrieländern nur zu einer milden Rezession zu kommen, wenn überhaupt. Goldman Sachs geht bereits davon aus, dass der Euroraum nach einem Rückgang der Wirtschaftsleistung im vierten Quartal 2022 jetzt im neuen Jahr wieder auf Wachstum umschwenkt. Die Investmentbanker machen dafür die erstaunlich widerstandsfähige Industrie, die gesunkenen Gaspreise und das Reopening Chinas verantwortlich. Sie rechnen in Europa 2023 mit einem Wachstum von immerhin 0,6 Prozent. Zuvor waren sie noch von einem Rückgang um 0,1 Prozent ausgegangen.

Auch in den USA gibt es zumindest berechtigte Zweifel, ob es tatsächlich zu einer Rezession kommt. Die Regierung unter Präsident Joe Biden pumpt mit ihrem Inflation Reduction Act rund 430 Milliarden Dollar in die dortige Wirtschaft, um neue Industriebetriebe anzusiedeln und den grünen Umbau voranzutreiben. Dazu kommt noch, dass die USA anfangen werden, ihre Ölreserven wieder aufzufüllen, falls der Preis noch deutlich weiter zurückgeht. Im Bereich von 70 Dollar je Barrel WTI dürfte damit eine Untergrenze eingezogen sein.

Der Weltmarkt zeigt deutliche Angebotsdefizite

Auf der anderen Seite gelangen schon heute größere Mengen an Öl und Gas aus Russland nicht mehr auf dem Weltmarkt. Nach den USA hat jetzt auch Europa begonnen, russisches Öl zu boykottieren. Importe gibt es nur noch über die Druschbar-Pipeline nach Mitteleuropa. Gleichzeitig scheint der Ölpreisdeckel der G7-Staaten zu wirken. Diese hatten im Dezember beschlossen, dass russische Ölimporte nicht mehr als 60 Dollar je Barrel kosten dürfen. Länder wie Südkorea haben sich dieser Sanktion angeschlossen.

Der alternative Verkauf von russischem Gas und Öl nach Asien und hier vor allem nach Indien und China gestaltet sich aber schwierig. Denn es fehlt eine vergleichbare Pipeline-Infrastruktur wie nach Europa. Derzeit muss Russland in Asien sein Öl regelrecht verramschen, um es überhaupt loszuwerden. Ein Fass der russischen Sorte Urals kostet derzeit weniger als 40 Dollar und damit nicht einmal halb so viel wie Öl der Sorte Brent. Der russische Gaskonzern Gazprom hat bereits eingeräumt, dass 2022 die Produktion um fast 20 Prozent eingebrochen ist.

Perspektivisch dürften sich in Russland auch die westlichen Sanktionen bemerkbar machen. Dadurch sollten die Kapazitäten in der Öl- und Gasförderung strukturell sinken. Auch bei den westlichen Multis könnte es beim Angebot zu Engpässen kommen. Denn diese haben in den vergangenen Jahren lieber in erneuerbare Energien, statt in die Exploration und die Erschließung neuer Vorkommen investiert. Unter dem Strich dürfte eine zumindest stabilisierte, wahrscheinlich sogar wieder steigende Nachfrage auf ein (zu) knappes Angebot treffen.

Rohstoffe für die Energiewende werden knapp

Eine ähnliche Entwicklung ist bei Kupfer und anderen Industriemetallen zu erwarten. Interessant sind vor allem die Rohstoffe, die für die Energiewende benötigt werden. Dazu zählt neben Kupfer auch Silber, das die Photovoltaik-Industrie benötigt. Hier läuft die Produktion mittlerweile wieder spürbar rauf. In China dürfte es aber noch einen Nachfragestau von zwei bis drei Jahren geben.

Bei Gold stellt sich die Frage, ob es sich eher um einen Rohstoff oder doch mehr um eine Währung handelt. Wahrscheinlich gilt Letzteres. So oder so gehört das Edelmetall in jedes Depot. Denn über rollierende Zeiträume von ein paar Jahren hat Gold im Durchschnitt fast immer rund zwei Prozentpunkte über der Inflation gelegen. Das Edelmetall bleibt somit das bewährteste Geldaufbewahrungsmittel überhaupt.

Michael Wittek leitet das Portfoliomanagement bei Albrecht, Kitta & Co. und ist für die Anlegestrategie der Vermögensverwaltung verantwortlich.

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